NEIN zu Raketenstationierung
Neuerdings steht in unseren veröffentlichten Debatten die Verteidigung nicht näher beschriebener Freiheit ganz hemmungslos über der des Friedens. Wessen Freiheit? Für die Eingezogenen auf beiden Seiten kann es keine geringere Freiheit geben als die im Schützengraben. In diese Niederungen müssen die geistigen Mobilmacher selbst nie. Sie verteidigen indes die Freiheit des Geschäftemachens: Die Gewinne der Rüstungsindustrie sind heute so hoch, wie das Einkommen der Hälfte der Weltbevölkerung. Unsere „wertegeleitete“ Sicherheitspolitik verteidigt wahrlich hohe Werte.
Die Regierungen der USA und Deutschlands haben ohne realistische Bedrohungsanalyse und ohne Erläuterung des strategischen Zwecks angekündigt, ab 2026 in Deutschland eine von fünf weltweit verfügbaren US Multi-Domain Task Forces stationieren zu wollen. Sie werden über einen Mix aus SM-6 Mittelstrecken-Raketen, Tomahawk-Marschflugkörpern und Überschallflugkörpern verfügen und damit für Angriffe tief in Russland und selbst in China geeignet sein. Da wird die Fähigkeit installiert, gegnerische Raketenbasen präemptiv zu zerstören.
Die dünne Begründung von deutscher Seite, damit eine „Fähigkeitslücke“ in der Abschreckung schließen zu wollen, reicht nicht als Erklärung, der US-amerikanischen Seite vasallentreu auch diesen Wunsch zu erfüllen. Die Stationierung ausschließlich in Deutschland erhöht im Ernstfall das Risiko der hiesigen Bevölkerung, Ziel eines Atomangriffes zu werden. Diese Gefahren übersteigen den behaupteten Sicherheitsgewinn bei weitem. Die nächste Eskalationsstufe wäre dann die Forderung, die stationierten Raketen atomar nachzurüsten.
Der Doppelbeschluss der Nato von 1979 hieß so, weil sogar er die Doppelstrategie Raketenaufstellung plus Rüstungskontroll-Gespräche verfolgte. Heute gilt nur noch die phantasielose Logik der militärischen Konfrontation. Selbst die Sehnsucht nach Frieden wird schon diskreditiert. Dabei wird Frieden von alters her als mehr als die Abwesenheit von Krieg beschrieben. Nämlich als eine Tugend, eine Neigung zu Güte, Vertrauen und Gerechtigkeit. Alles Fähigkeiten, die dem politischen Establishment abhandengekommen sind, in ihren nur sie interessierenden Kämpfen um Vorherrschaft und Dominanz. Laut INSA sind hierzulande 68 Prozent für Friedensverhandlungen mit Russland und 65 Prozent für einen sofortigen Waffenstillstand. Doch die Regierung ignoriert die mehrheitlichen Wünsche der Bevölkerung, die sie doch repräsentieren soll.
Deshalb wäre selbst eine dringend nötige Debatte nicht ausreichend. Die von der Stationierung Profitierenden werden sie so oder so zu ihren Gunsten auslegen. Deshalb muss die Aussprache begleitet werden von einer starken Bewegung die zu den Stationierungsplänen NEIN sagt. Der Berliner Appell könnte ihre Plattform sein.
Zeitung gegen den Krieg. November24