BlackShock

Sogenannte Sondervermögen in gigantischem Ausmaß scheinen plötzlich verfügbar, als müsse man sie nur wie ein Kaninchen aus dem Zauberzylinder hohlen. Dabei besteht der Trick darin zu verschleiern, dass der alte Hut kein Vermögen offenbart, sondern ein Unvermögen seriös zu haushalten. Obwohl die Steuerquellen sprudeln wie nie, klaffen Milliarden-Löcher im Bundeshaushalt. Dieses politische Sonderunvermögen erhöht sich nun selbst zu einem „Epochenumbruch“.
Sicher, Investitionen in die marode Infrastruktur sind bitter nötig. Aber Schulden sind nicht die einzige Möglichkeit, an Geld zu kommen. An Schulden verdienen die, die das Geld zum Verleihen haben, während die Habenichtse draufzahlen. Schulden sind immer eine Umverteilungsmaschine von unten nach oben. Für Umverteilung von oben nach unten gibt es in unserem Wertesystem allerdings keinen Zauberzylinder. Das ist Programm: Nur wer über seine Verhältnisse lebt, lebt angenehm.
Die Boston Consulting Group meldete im Juli 2024, dass die Zahl derjenigen, die in Deutschland über 100 Millionen Dollar besitzen, um 10 Prozent gestiegen ist, auf 3300 Superreiche. Rechnet man diese Vermögenden auf die Zahl der Bevölkerung um, liegt Deutschland nach den USA auf dem zweiten Reichtumsplatz. 

Die neue Schuldenorgie mag der Logik von Black Rock entsprechen. Doch ist sie für den Sozialstaat und das Klima eher ein Black Shock. Ein Hochrisiko Spiel, von dem nur sicher ist, dass es Politik und Gesellschaft weiter nach rechts treiben wird. Je höher die Schulden, je geringer der Spielraum staatlicher Entscheidungen. Die diktieren dann die Kreditgeber. Das geht seinen kapitalistischen Gang. Eine marktkonforme Demokratie reagiert nicht auf Vernunft.

Spätestens seit die fast abgeschlossenen Friedensverhandlungen in Istanbul von Boris Johnson im Auftrag der Nato abgebrochen wurden, trägt der Westen eine Mitverantwortung für diesen fürchterlichen Stellvertreterkrieg in der Ukraine. Doch weder die Präsidenten Putin noch Trump werden die größte Gefahr für die Sicherheit sein; die schlimmste Massenvernichtungswaffe und häufigste Fluchtursache wird in absehbarer Zeit das gekippte Klima werden. Am wirksamsten beschleunigt durch Rüstung und Militär. Nach einer neuen Greenpeace Studie geben die Nato-Staaten schon jetzt zehn Mal mehr fürs Kriegswesen aus als Russland. Europa nach Schätzungen etwa dreimal mehr. Die technologische und operative Überlegenheit der Nato-Mitglieder ist enorm. Wie auch der Widerspruch, wonach die Ukraine einerseits durch weitere Waffenlieferungen ihre Positionen gegenüber einem vermeintlich schwachen Russland verbessern kann, aber andererseits diesem Russland unterstellt wird, stark genug zu sein, um demnächst Nato-Territorium anzugreifen. Also den Nato-Verteidigungsfall auszulösen. Dabei braucht die russische Armee allein Jahre, die Front in der Ukraine von Dorf zu Dorf voran zu treiben.  

Ohne eine seriöse Bedrohungsanalyse verbreiten die Regierenden, sekundiert von „europäischen Geheimdiensten“ und Medien, tag ein, tag aus die keines Beweises bedürfende Mär vom nach Europa sprungbereiten, russischen Bären. Dass eine Studie aller US-Dienste schon zu Bidens Zeiten, als man eigentlich noch an Amerika glaubte, zu dem Schluss kam, dass ein russischer Angriff auf Nato-Gebiet „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen“ ist, bremst den Eifer nicht. Diese geistige Mobilmachung unterschlägt, dass es keine einzige Äußerung von Wladimir Putin gibt, die mit einem solchen Angriff droht. Von Tucker Carlson direkt danach gefragt, antwortete er, wie immer zu diesem Thema: „Völlig ausgeschlossen. Das steht im Widerspruch zum gesunden Menschenverstand. Das würde die gesamte Menschheit an den Rand des Untergangs bringen. Das sind nur Gruselgeschichten, um den amerikanischen und europäischen Steuerzahlern für Krieg Geld abzunehmen.“

Als wolle der Westen Putin bestätigen, heißt das neue EU-Ziel nun: Russland im Rüstungswettlauf besiegen. Das sind Denkweisen, die man im vorigen Jahrhundert überwunden glaubte. Frieden ist nicht durch militärische Überlegenheit zu gewinnen. Die Zukunft einer Gesellschaft liegt in Bildung, sozialer Integration, im Gemeinwohl. Militärische Sicherheitsgarantien kann niemand geben. „Verteidigungspolitisch Erwachsen werden“ hieße: eine Friedensarchitektur für alle europäische Staaten schaffen. Russland wird auf ewig das größte Land Europas bleiben. Gegen Russland ist kein Frieden erreichbar. Doch die Kriegshysterie hat es geschafft, dass ihr Mehrheiten verfallen sind. Das ist tragisch. Aber nicht neu. 500 Jahre v. Chr. wusste Laotse: „Je mehr Waffen, umso größer das Elend der Menschen. Der Triumph der Gewalt endet stets mit einer Trauerfeier.“

https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/wahnsinnig-oder-genial-das-denken-deutschlands-intellektuelle-uebers-sondervermoegen-li.2304925

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