Faktenreiche Kritik – Südwest Presse vom 25.07.2009

Seit 2006 ist sie als Nachfolgerin von Günter Gaus Mitherausgeberin der Wochenzeitung „Der Freitag“. Wesentlich länger gehört Daniela Dahn, die ein Gründungsmitglied des Demokratischen Aufbruchs in der DDR ist, zu den wichtigen Stimmen einer linken Systemkritik. In der Ulmer vh las sie aus ihrem neuen Buch: „Wehe dem Sieger. Ohne Osten kein Westen.“

Die Autorin gehört nicht zu den Ostalgikern, denn Ostalgie sei weniger der DDR verhaftet, als vielmehr dem Traum von einem Westen, der sich nicht erfüllt habe. Was Daniela Dahn allerdings kritisiert, ist eine Haltung des Westens, die die kulturelle Substanz der DDR zerstörte.

Ihren Thesen geht Daniela Dahn am konkreten Fall nach, streut biografische Beispiele ein, wird aber nie larmoyant, wenn sie die Vorzüge des Familienrechts oder des Schulsystems der DDR erläutert. Sie fragt aber auch nicht nach der Motivation der Gleichstellung der Frau in der DDR, die wohl mehr ökonomisch als juristisch motiviert war.

Daniela Dahn, die bereits den Fontane-, den Tucholsky- und den Börne-Preise erhielt, hat ein faktenreiches Buch geschrieben, dem man viele Leser wünscht – nicht nur Linke auf der Suche nach Selbstbestätigung. Erstaunlich ist nur, dass sie auch das reaktionäre auf den Staatsrechtler Carl Schmitt zurückgehende Freund-Feind-Schema bemüht, wenn sie sagt, dass der Westen den Osten als Konkurrent gebraucht habe und nur wegen der Konkurrenzsituation der Sozialstaat geschaffen worden sei. (käl)